Lesetipp im Mai: Geister der Vergangenheit

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Geister der Vergangenheit

Gerade noch hat Hüseyin sich den einen, großen Traum von der eigenen Wohnung in Istanbul erfüllt, für die er ein Leben lang hart in deutschen Fabriken geschuftet hat – schon liegt er in eben dieser Wohnung und stirbt mit 59 Jahren an einem Herzinfarkt.

Für seine vier Kinder und seine Frau, die seit den 80ern mit ihm in Deutschland leben, kommt nun die Zeit der Trauer. Jede und jeder von ihnen trägt seinen Ballast aus Schuld, Einsamkeit und Enttäuschung mit sich. Wie verfitzte Wollknäule hängen sie aneinander fest und drehen doch ihre eigenen, einsamen Runden in ihren Gefühlen. Vom Schicksal plötzlich wieder aufeinander geworfen, schält sich aus immerwährendem Schweigen in einer riesigen Empfindungs-Karambolage Stück für Stück ein mehrschichtiges Familiengeheimnis.

Fatma Aydemir beschreibt in ihrem zweiten Roman „Dschinns“ in unerbittlicher, direkter Sprache die Innenansichten der sogenannten Gastarbeiter anhand einer mit Problemstellungen fast schon überladenen Familie. Auch Leser:innen ohne migrantischen Hintergrund erhalten so einen starken Eindruck davon, wie sich die Charaktere des Romans zwischen Herkunft und Zukunft zerreiben. Obgleich manche Motive und Figuren flach und stereotyp bleiben, geben sie einen Denkanstoß zu vielen gesellschaftspolitischen Themen unserer Zeit.

„Dschinns“ von Fatma Aydemir, 366 S., 2022 im Carl Hanser Verlag erschienen, ist ab sofort ausleihbar in Ihren Partheland-Bibliotheken.